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20 Kilometer südlich von Augsburg werden durch ein Klimaschutzprojekt zwei von Fichten dominierte Wälder in vielfältige Mischwälder transformiert. Die verschiedenen Baumarten machen sie widerstandsfähiger gegen den Klimawandel und speichern in den kommenden drei Jahrzehnten etwa 1.420 Tonnen CO2 pro Jahr. Diese grüne Oase wird nicht nur zu einer Kohlenstoffsenke, sondern auch zu einem Refugium der Artenvielfalt.
✔️ Fichtenbestände durchmischen
✔️ Wald für Extremwetterereignisse wappnen
✔️ CO2-Speicher erhöhen
200 Jahre alt sind manche Bäume in den Wäldern von Großaitingen und Mammendorf. Von Klimawandel war damals noch keine Rede. Auch noch nicht fast 100 Jahre später in der Nachkriegszeit als viele Flächen aufgeforstet wurden. Vor allem Fichten wurden damals gepflanzt. Sie wachsen schnell und liefern beliebtes Holz für langlebige Produkte wie Häuser und Möbelstücke.
Heute sieht das anders aus und der Klimawandel macht Förstern und Waldbesitzern große Sorgen. Obwohl bewirtschaftete Wälder als Kohlenstoffsenken eine der besten Mittel im Kampf gegen den Klimawandel darstellen, sind sie gleichzeitig selbst durch genau diesen stark gefährdet – und die darin lebenden Tiere gleich mit. Zahlreichen Vogel- und Amphibienarten, Rehen, Füchsen, Mardern und vielen weiteren Tieren bieten die Wälder südlich von Augsburg eine Heimat.
Doch Extremwettereignisse nehmen zu. So auch in Großaitingen, wo 2023 ein gewaltiger Hagelsturm mit Hagelkörnern in der Größe von Golfbällen eine Schneise der Verwüstung hinterlassen hat. Kahle Bäume, angeschlagene Rinden und ein Waldboden, der noch heute zentimeterhoch mit Nadeln, Blättern, Ästen und Reisig übersät ist, waren das Ergebnis. Auch einige der 200 Jahre alten Kiefern haben den Hagel nicht überlebt und mussten schließlich entnommen werden, um Platz für gesunde Bäume zu machen.
Schon jetzt zeigt sich, dass manche Bäume solche extremen Situationen besser verkraften als andere. Mischwälder mit unterschiedlichen Altersklassen – Mehrgenerationen-Wälder, wenn man so will – verringern das Risiko der Zerstörung eines gesamten Bestands.
Forstbetriebsleiter André Dubetz bestätigt das in seinem Vorhaben, den Waldumbau weiter voranzutreiben. Monokulturen müssen zu klimaresilienten Mischwäldern umgebaut werden. “Das ist ein sehr langfristiges Projekt, das viel Geld kostet.” Denn allein über Naturverjüngung, also die natürliche Reproduktion der Bäume, lässt sich dieser Wandel nicht bewerkstelligen. Und so müssen André Dubetz und seine Mitarbeiter selbst eingreifen. Über 100.000 Tannen und nochmal so viele Buchen haben sie in den letzten Jahren gepflanzt. Doch um den Wald zukunftsfähig zu machen und noch lange nachhaltig bewirtschaften zu können, reicht das nicht.
Um den Wald noch mehr zu durchmischen, sind zahlreiche weitere Maßnahmen nötig. So sind in einem nächsten Schritt für bestimmte Bestände weitere 200 bis 300 Tannen pro Hektar geplant. Insgesamt wird das Klimaschutzprojekt auf einer Fläche von 1.456,9 Hektar durchgeführt. Tannen eignen sich gut, da sie den Bestand durch ihr tiefes Wurzelsystem stabilisieren und tiefere Wasserschichten erreichen. Damit sind sie nicht so anfällig für Trockenheit. Zudem verjüngt sich die Tanne, eine Schattbaumart, schnell: Schon nach circa 40 bis 50 Jahren kann sie sich im Schatten des Altbestandes – dort, wo es für andere Bäume noch zu dunkel ist – selbst vermehren.
Aber da “mischen, mischen, mischen” das Motto des Försters lautet, sollen noch einige andere Baumarten hinzukommen: Buchen, Lärchen, Eichen, Erlen. Auch Esskastanien, Kirschen und anderes Wildobst. Vereinzelt probiert André Dubetz zudem nichtheimische Baumarten einzusetzen: “Hätte vor über 100 Jahren nicht irgendjemand probiert, Douglasien zu pflanzen, wüssten wir heute nicht, dass sie auch bei uns sehr gut wachsen.”
Der Klimawandel macht es erforderlich, dass Forstleute nach neuen Lösungen suchen, um ihre Wälder resilient zu machen. Zur Risikodiversifizierung wird im Lotzbecker Wald daher auf drei bis fünf Baumarten je Fläche gesetzt. “Wir machen das aus einer inneren Überzeugung heraus. Es wird sich bewahrheiten, dass nur ein gemischter Wald zukunftsfähig sein wird.”
Mit Pflanzungen allein ist es jedoch nicht getan. Dubetz prüft etwa regelmäßig, ob es benachteiligte Bäume gibt, die gefördert werden müssen. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn benachbarte Bäume zu dominant werden und Jungbäume im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellen. Um den noch kleinen Gewächsen eine Chance zu geben, werden daher punktuell Bäume entfernt. Buchen sind typisch dafür. Sie können sehr hoch und mächtig werden und damit andere Baumarten um sich herum verdrängen. Das Ergebnis wäre wieder ein monokultureller Buchenwald, der dem Klimawandel nicht trotzen könnte.
Daher hält Dubetz auch nichts von großflächigen Flächenstilllegungen, durch die Wälder sich selbst überlassen werden. “Dann habe ich am Ende womöglich nur Buchen und wieder keinen resilienten Mischwald.” Auch für den CO2-Speicher sind Stilllegungen nicht förderlich. Der Wald hat zunächst immer die gleiche CO2-Speicherbilanz – ob man ihn sich selbst überlässt oder aktiv eingreift. Wenn Bäume aber irgendwann verrotten, wird CO2 freigesetzt. Aus diesem Grund werden in Großaitingen zum Beispiel instabile, alte Fichtenbestände rechtzeitig herausgenommen und zu langlebigen Holzprodukten verarbeitet. So bekommen die darunter nachwachsenden, jungen Bäume mehr Licht und wachsen besser, um künftig auch mehr CO2 aufnehmen zu können. Der bewirtschaftete Wald entfaltet damit sein großes CO2-Speicherpotential. Durch das Klimaschutzprojekt kann der Betrieb mit der Holzentnahme bis zum CO2-Optimum warten, die Bäume also länger stehen lassen als wirtschaftlich erforderlich. So speichert der Wald mehr Kohlendioxid. In den nächsten 30 Jahren werden es 42.600 Tonnen zusätzliches CO2 sein.
Es sind also zahlreiche Maßnahmen erforderlich, um den Wald fit für die nächsten Generationen zu machen und seinen CO2-Speicher zu erhöhen. Doch um den Umbau voranzutreiben, ist André Dubetz auf Unterstützung angewiesen. Nur so könne er langfristig planen. “Es ist gut zu wissen, dass man Partner an seiner Seite hat, die diese Problematik sehen und einen tatkräftig unterstützen."
André Dubetz wurde sein Beruf in die Wiege gelegt. Er ist Förster in dritter Generation. Schon sein Großvater war Revierförster in Thüringen, wo sein Vater heute noch tätig ist. Dubetz selbst hat es nach seinem Studium in Göttingen zunächst nach Hessen und Brandenburg und schließlich nach Bayern verschlagen. Und das, obwohl ihm sein Vater zunächst von dem Beruf abgeraten hat. “Als ich mein Studium begonnen habe, gab es zu viele Absolventen und es war schwierig einen Job zu finden. Aber ich habe mich schon immer für den Wald begeistert und übe meinen Beruf mit viel Herzblut und Leidenschaft aus”, sagt André Dubetz. Das muss man wohl auch, denn ein 9-to-5 Job ist das nicht.
Neben zahlreichen Büroarbeiten wie Wirtschaftspläne erstellen und Fördermittel beantragen, verbringt Dubetz jeden Tag viel Zeit im Wald. Seit 13 Jahren ist er in Großaitingen und Mammendorf der "Manager für den Wald”. “Mir macht es Spaß, etwas für die nächsten Generationen zu erschaffen. Unsere Arbeit ist ökologisch, gesellschaftlich und ökonomisch relevant. Das ist toll!” Die viele Arbeit zahlt sich aus. 2022 wurde der Betrieb mit dem Bayerischen Staatspreis für vorbildliche Waldbewirtschaftung ausgezeichnet.
Erfahren Sie hier mehr über dieses Klimaschutzprojekt.
Dieses Projekt trägt zu folgenden Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen bei: